Man kennt das Motiv des gnadenlosen Killers, dessen weiche Seite überraschend
stark ausgeprägt ist: den skrupellosen Mafiosi, dessen wunder Punkt die Familie
ist, die er über alle Maßen liebt und die seine Sanftheit hervorbringt.
Ähnlich ist es in diesem Buch mit dem Protagonisten Falk Stucke, einem
psychopathischen Mörder, dessen Idealbild einer liebevollen Familie, die von einem starken Vater behütet und beschützt wird, trotz oder gerade wegen seiner eigenen konträren Kindheitserlebnisse ungebrochen ist.
Der Leser erfährt schnell, wer der Böse in diesem Spiel ist und was er tut:
Stucke als Kuckucks-Vater, der die vorhandenen Väter aus dem Nest wirft und
siefür ihre Gewalt und Achtlosigkeit gegenüber ihren Ehefrauen büßen lassen will.
Er will auch die Kinder beschützen und sie aus dem Klima von Missachtung und
Brutalität befreien – dafür braucht es einen neuen Vater, einen, der alles
richtig macht, der liebt und sich sorgt. Ihn. Doch sind die Frauen dankbar,
aus ihrer Drangsal befreit zu werden? Sind die Kinder glücklich und verstehen,
dass sie nun auf dem Weg in eine bessere Zukunft sind? Natürlich nicht. Stucke
schlägt Undankbarkeit und Unverständnis entgegen. So verwundert es nicht, dass
er unter Umständen auch den Tod der Geretteten hinnimmt. Den der gequälten
Väter sowieso – wenn sie sterben, während ihnen schriftliche Geständnisse ihrer
Schandtaten abgepresst werden, so sind sie selbst verantwortlich.
Weber schafft es, den Leser ganz nah an Stucke heran zu bringen. Ein Stück
weit sympathisiert man mit dem Täter, da seine Motive klar und nachvollziehbar
sind. Gemeinsam mit Stucke beobachtet er die Familien und kommt zum gleichen
Schluss: die Schwächeren, die Frauen und Kinder, haben es verdient, aus diesem Leben befreit zu werden? Sie schaffen es doch nicht allein!
Doch die Abgründe von Stuckes Seele, die sich immer weiter öffnen, sind
schrecklich und tief. Und so schreckt der Leser innerlich zurück vor diesem
kalten Monster, dessen Morde Stellvertreter-Taten sind, die sich gegen seinen
lieblosen und brutalen Vater richten.
Es ist ein geschickter Kniff, die gesundheitlich angeschlagene Kommissarin Eva
Flessner sich Stucke öffnen zu lassen. Sie entwickelt Vertrauen zu diesem
Supermarkt-Wachmann, der doch auf der gleichen Seite, der Seite des Guten zu
stehen scheint. Welch böses Erwachen!
Kuckucksmörder ist ein außergewöhnliches Buch, ein Psychogramm, eine spannende Lektüre, die den Leser verstört zurück lässt.
Vielen Dank an Ullstein Taschenbuch und Blogg dein Buch für mein Exemplar.
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